Cal-Mag gehört zu den meistverkauften Zusätzen im Growshop. Für viele Grower ist es fast Pflicht: „wegen LED“, „wegen Leitungswasser“, „weil es alle sagen“. Das Problem: Cal-Mag kann sowohl retten als auch einen Grow ruinieren. Alles hängt davon ab, ob du weißt, warum du es einsetzt – oder ob du nur Symptome bekämpfst.
Dieser Artikel ist keine Anleitung zum „mehr reinschütten“. Er soll Ordnung ins Chaos bringen, Fakten von Mythen trennen und erklären, warum Cal-Mag gerade in modernen LED-Grows oft für falsche Probleme genutzt wird.
Was Cal-Mag wirklich ist (und was nicht)
Cal-Mag ist ein Supplement mit Calcium (Ca) und Magnesium (Mg), oft mit etwas Stickstoff. Es dient dazu, echte Mängel auszugleichen, nicht um Pflanzen „zu pushen“.
Calcium:
- stabilisiert Zellwände,
- sorgt für feste Gewebe,
- ist essenziell für neues Wachstum.
Magnesium:
- ist zentraler Bestandteil von Chlorophyll,
- ermöglicht Photosynthese,
- beeinflusst die Blattgesundheit.
Wichtig: Beide Elemente werden ausschließlich mit Wasser transportiert – ihre Aufnahme hängt direkt von der Transpiration ab.
Der größte Mythos: „LED = immer Cal-Mag“
Dieser Irrglaube hat mehr Schaden angerichtet als Nutzen. LEDs verursachen keinen Ca- oder Mg-Mangel an sich. Sie verändern die Bedingungen, unter denen diese Stoffe transportiert werden.
Unter LEDs:
- sind Blätter kühler,
- ist die Verdunstung geringer,
- verlangsamt sich die Transpiration.
Das Ergebnis: Calcium und Magnesium kommen nicht dort an, wo sie gebraucht werden, obwohl sie im Substrat vorhanden sind. Cal-Mag nachzuschütten erhöht dann meist nur den EC und erzeugt Folgeprobleme.
Wie echte Calcium- und Magnesiummängel aussehen
Das ist entscheidend, denn die meisten „Mängel“ unter LEDs sind keine echten.
Calciummangel:
- betrifft neues Wachstum,
- deformierte, verdrehte Blätter,
- absterbende Blattspitzen.
Magnesiummangel:
- beginnt an alten Blättern,
- interkostale Chlorose,
- grüne Blattadern.
Sind Symptome chaotisch, betreffen alte und neue Blätter zugleich und werden trotz höherer Dosis schlimmer, ist es kein Mangel, sondern ein Transportproblem.
Cal-Mag und VPD: der vergessene Zusammenhang
Calcium und Magnesium sind kaum mobil. Sie gehen nur dorthin, wo Wasser fließt. Ist das VPD zu niedrig:
- sinkt die Transpiration,
- Ca und Mg „stecken fest“,
- neues Wachstum leidet.
Hier hilft kein Supplement, sondern nur eine Korrektur der Klimabedingungen.
Wann Cal-Mag wirklich sinnvoll ist
Cal-Mag ist berechtigt bei:
- sehr weichem Wasser (RO),
- Hydrosystemen ohne Ca/Mg-Puffer,
- Kokossubstraten (ungebuffert),
- starkem LED-Wachstum,
- bestätigten Mängeln nach Klimacheck.
Dann ergänzt es realen Bedarf.
Wann Cal-Mag den Grow zerstört
Cal-Mag schadet, wenn es:
- prophylaktisch eingesetzt wird,
- ohne Transpiration gegeben wird,
- bei hohem EC zugeführt wird,
- Klima- und Gießfehler kaschieren soll.
Typische Folgen:
- Blockaden von Kalium und Phosphor,
- Versalzung,
- Wachstumsstopp,
- „plastikartige“ Blätter.
Warum „mehr“ fast nie „besser“ ist
Calcium konkurriert mit anderen Kationen. Zu viel Ca:
- blockiert Kalium,
- destabilisiert das Ionenverhältnis,
- verschlechtert das Substrat.
Deshalb entstehen nach „Notfall-Cal-Mag-Dosen“ oft neue Probleme.
Der richtige Umgang mit Cal-Mag
Statt zu fragen „wie viel“, frage:
- Trinkt die Pflanze?
- Wie ist das VPD?
- Haben die Wurzeln Sauerstoff?
- Wie hoch ist das EC?
- Passt das Schadbild wirklich?
Erst dann ist Cal-Mag ein Werkzeug – kein Risiko.
Fazit: Cal-Mag ist ein Skalpell, kein Hammer
Cal-Mag ist weder gut noch schlecht. Es ist ein präzises Werkzeug, das bei falscher Anwendung schadet. In der LED-Ära gewinnt nicht der mit den meisten Flaschen, sondern der, der die Physik des Grows versteht.
Wenn eine Pflanze Calcium und Magnesium nicht aufnimmt, frage zuerst:
Hat sie überhaupt die Bedingungen dafür?
Denn sehr oft liegt das Problem nicht in der Flasche – sondern in der Luft.







